. 01 Uhr 45. Ich sitze auf einem Barhocker, einen meiner Füße auf dem Boden, den anderen in der Luft, und drehe ein Weinglas zwischen meinen Händen. Am anderen Ende der Bar sitzt ein Endzwanziger Anfangdreißiger, sein einziges Interesse gilt den Erdnüssen vor ihm auf der Theke und in seinen Mundwinkeln kleben Nusskrümel. Am kleinsten… Continue reading Was Morgen ist
Tag: herz
Das Gegenteil von jetzt
(Mond, September 2009) ist damals.
Nennen wir es Frühling
. Dem Regen lauschen. Sich ans Meer träumen. Früh morgens in eine fremde Küche schleichen und Pfirsichsaft trinken. Ins Bett zurückkriechen. Von Vogelzwitschern aufwachen. Ein gutes Spinnennetz betrachten. Die Schwerkraft aufheben. Mit Leichtigkeit aufstehen. Verwundert sein. Wörter beim Wort nehmen. Einen Körper spüren. Nichts beim Namen nennen. Eine Winterspur in Form eines Brandlochs vermessen. Etwas… Continue reading Nennen wir es Frühling
White Wedding
Wenn der deutsche Journalismus endlich wieder träumen darf. Wenn ganz Deutschland auf Spiegel Online eine Schlacht beim Top-Spiel “Quartett Royal: Zocken mit Europas Königshäuptern” austrägt. Wenn öffentlich-rechtliche TV-Sender 6 (sechs!) Stunden lang ein Großereignis übertragen, bei dem niemand einem Ball hinterherläuft. Wenn Menschen an Straßen stehen und winken, kleine Mädchen in rosa Kleidchen Blumen verteilen… Continue reading White Wedding
Das war die Frage.
Es gibt im Internet einen Briefkasten für Briefe ohne Absender. Formspring heißt der, und die Fragen, die da ankommen, sind manchmal lustig („warum twitterst du andauernd über sex, anstatt ihn zu machen?“), manchmal naheliegend („wie alt bist du?“), und oft einfach schön („Fährst du mit mir ans Meer?“). Ich mag das. Zu einer Frage gehört… Continue reading Das war die Frage.
I spend my nights awake
Hutzeit, Mutzeit, Brutzeit, Wutzeit. Gutzeit: Frühling. Durch diese Tage tragen mich Gläser mit Multivitaminsaft. Kurze, berührungslose Begegnungen mit Straßenlaternen. Wäre ich so flüchtig wie meine Gedanken, wäre ich unsichtbar. Die schönsten englischen Begriffe sind auf Deutsch Sägespäne im Mund. To kiss goodbye. Jeder Kitsch wird weniger, wenn man ihn auf Englisch ausspricht. Es ist eine… Continue reading I spend my nights awake
Du mit Hund, ich mit Gitarre
Die Straßenbahnlinie 21, weit im Osten der Stadt: 41 Stationen, 16,5 Kilometer, 51 Minuten. Vom Sterndamm bis zur Gudrunstraße. Sie saß mit ihrem Hund vor der Tür, als er einstieg. Auf dem Rücken trug er eine Gitarre, eine Tasche auf der Schulter. Sie sahen sich kurz an, lächelten. Das schreibt er nun im Internet. Die… Continue reading Du mit Hund, ich mit Gitarre
Sonntag
(Blick vom TU-Hochhaus, Janur 2011) In Berlin weiß man nur, dass Wochenende ist, weil die Bahn seltener fährt als an Werktagen. Sie setzt sich auf eine Bank unterm Fernsehturm und beobachtet das Leben, wie so oft in diesen Tagen, wenn sie irgendwo zwischen Menschen ist und den Dingen zusieht, die sie tun. Sie sieht die… Continue reading Sonntag
Das Lied der Möglichkeiten
Manchmal ist die Frage, ob die es gar nicht um die Quantität der Optionen geht, sondern darum, ob nicht einfach jede davon die falsche ist. // Man könnte dies als philosophisches Betrachten einer Fleischtheke deuten. Könnte man. Muss man aber nicht.
Wasser
(See, um 1999) Seit ihrer Kindheit war sie fest überzeugt, wasserlöslich zu sein. Sie wartete nur darauf, eines Tages ohne Schirm und Cape im Regen zu stehen. Sie würde auf der Straße neben dem Gehweg stehen und zusehen, wie sie sich langsam auflöst. Wie ihre Kleidung verschwimmt, ihre Haare, ihre Hände weggewaschen werden und ihre… Continue reading Wasser