Explizit ist das neue implizit

Nichts mehr sagen. Und stattdesssen: mit G. im Wohnzimmer sitzen, Beat Loops anhören und ihm eine große Karriere im Eurodance-Business versprechen. Eine Choreographie einstudieren und vor Lachen fast vom Sofa fallen. Zu viel Kaffee trinken. Die Katze beneiden, die sich zu einem wollenen Ball zusammengerollt hat. Ein Interview führen. Nach Amerika telefonieren. Singen. Eine Postkarte… Continue reading Explizit ist das neue implizit

Der Mond, der Arsch

Es ist ein Wochenende, es ist schon spät am Abend, ich bin schon wieder auf einer Party, obwohl ich sonst nie auf Parties gehe, und ich komme ins Wundern. Ich wundere mich, dass es nichts Neues gibt, nur die selben Klamotten wie in der letzten Woche, die selben Tricks, die selben Sprüche wie in den… Continue reading Der Mond, der Arsch

Weit (weit weg)

Ich sitze im Auto und fahre aus der Stadt hinaus. Eigentlich hatte ich das nicht geplant, eigentlich hatte ich mir überlegt, das reicht, wenn ich das nächstes Mal mache. Aber dann saß ich an einem Samstag Abend in der Bar, mit einem Isländer, einem Finnen und einem New Yorker, der eigentlich Venezolaner ist, wir tranken Bier, es gibt ein eigenes Weihnachtsbier hier, das ist ganz dunkel, fast schwarz, und schmeckt ein wenig nach Malz. Das mit der Bar, das war die Idee des Finnen, also saßen wir da und redeten, über das Alleinereisen und Wikileaks und Nazis. Und dann war es plötzlich Mitternacht und alles war klar: dass die Länder nie so sind wie ihre Hauptstädte. Dass ich endlich ein erstes Gefühl dafür bekommen will, was für ein Land das ist. Ich ging zur Rezeption, sagte, dass ich in der kommenden Nacht nicht da sein würde (ok), fragte, wo man denn hier ein Auto mieten könne (die Straße runter, da rechts), auf meinem Zimmer suchte ich ein Hotel, buchte und ging schlafen.

Am Sonntag Morgen um 09:40 Uhr breche ich auf. Ich will raus aus Reykjavik, die Westküste entlang, mein Ziel ist ein ein kleines Dorf auf einer Halbinsel. Es ist noch dunkel. Stockdunkel. Der Tag beginnt hier inzwischen gegen 11:30 Uhr, um 13 Uhr steht die Sonne am höchsten, also gerade so hoch, dass sie ganz über den Horizont schaut, und um 14:30 Uhr wird es auch schon wieder dunkel. Um 16 Uhr ist es Nacht.

Ich habe ein ganz kleines Auto gemietet, das günstigste, das sie hatten, mein Gepäck habe ich auf der Rückbank und den Beifahrersitz verteilt. Es ist der erste Advent, es soll den ganzen Tag regnen, für den folgenden Tag ist Schnee angesagt. Auf den Straßen ist kaum ein Auto zu sehen, ich fahre um die Stadt herum, 60 km/h, aus der Stadt heraus auf die Ringautobahn, die einmal um die Insel führt, 90m/h. Sturm, der das Auto zur Seite drückt. Regen gegen das Dach und die Scheiben. Ich schalte das Radio ein und drehe die Musik auf. Auf Senderspeicherplatz eins laufen Weihnachtslieder, ich verstehe zwar den Text nicht, aber das Glöckchengeläut im Hintergrund. Auf Senderspeicherplatz zwei läuft R’n’B, auf der drei auch, auf der fünf etwas, das klingt wie Volksmusik. Auf der sechs läuft die isländische Version von “Hey Baby”. Und dann fahre ich, immer weiter geradeaus, durch einen Tunnel unter einer Bucht hindurch, 1000 Kronen die Durchfahrt, das sind etwas über sechs Euro. Weiter durch karges Land, alles hier ist karg und kahl, über endlose Straßen in die Berge.

Die Liebe geht, die Lieben aber bleiben

Es gibt da diese Kneipe, weiter unten in der Stadt. Man geht von hier aus links, dann rechts, dann sehr, sehr lange geradeaus, an der Kreuzung mit der Straßenbahnhaltestelle biegt man links ab, geht dann noch einmal geradeaus, und da ist sie dann irgendwann, auf der linken Seite. Ich bin gerne dort, das Bier ist… Continue reading Die Liebe geht, die Lieben aber bleiben

Heute

Heute ist so einer dieser Tage, an denen man Bauch an Rücken oder Schulter an Hals oder Nase an Nase daliegen, und nicht in irgendeinem Auto sitzen und nur an roten Ampeln SMS schreiben, oder auf Sofas unter längs gestreifter Bettwäsche herumliegen sollte. Es ist kein Tag, an dem man Gedanken oder Sätze teilen sollte in… Continue reading Heute

(vom Aufheben)

. Ich streune durch die Straßen dieser Stadt, ich gehe ziellos durch die Gassen, ich suche nichts mehr, ich brauche nichts mehr, ich warte einfach nur noch ab, und alles, was ich noch habe, ist ein brauner Schuhkarton in meiner Hand. Denn da sind diese Sätze, die ich lange nicht sagte, die mir so aus dem… Continue reading (vom Aufheben)

we could have been lovers

. Und als der Regen fiel, hätten wir uns küssen können zwischen den Pfützen, an den grünen Ampeln, auf den Zebrastreifen und unter den Brücken. Weil unsere Mäntel mit dem Grau des Tages verschwommen wären, hätten nur ein paar Leute uns gesehen, wie wir da stehen, wie ich meine Hände vergrabe in deinen hellen Locken,… Continue reading we could have been lovers

Segelboot, trotz allem (Szenen)

. In der Küche liegen noch einige Zettel, kleine Grüße in fremder Handschrift aus den drei Minuten vor Verlassen des Hauses. Sorgsam schichte ich sie auf einen Stapel und stelle das nutella-Glas darauf. ––– Es ist Montag, ich gehe in den Waschsalon. Als ich die Waschmaschine einschalten will, merke ich, dass ich meine Mütze noch… Continue reading Segelboot, trotz allem (Szenen)

Ok

Es ist Freitag, ein lauer Sommerabend. Es ist der Abend der Fête de la Musique, das ist das, wo alle hingehen. Die Stadt tanzt. Ich hatte einen anstrengenden Tag und bin auf dem Weg nach Hause, laufe durch eine Wolke aus Musik, fahre in der U-Bahn mit Menschen, die über Auftrittsplänen die Köpfe zusammenstecken, ich… Continue reading Ok

Vierundzwanzig Stunden

In zwei Minuten werde ich am Flughafen ankommen. Eine Minute später werde ich den Rucksack abgesetzt und an die Wand gelehnt haben. Im selben Moment wird durch die Wucht des Aufpralls im untersten Rucksackfach mit einer Packung Kekse mein letzter Essensvorrat zerbröselt sein. Fünf Minuten später werde ich noch eine Zigarette geraucht und den Rucksack… Continue reading Vierundzwanzig Stunden