Wien-Tagebuch: Wochenendfotos und Abschiedsgeschichten

Ich hatte mir in Wien geschworen, vor Verlassen der Stadt niemals zu denken “das ist das letzte Mal, dass …”. Aber dann habe ich doch ein Foto gemacht, von der letzten Mohnschnecke zum Frühstück.

Das Wochenende ist sehr schlaflos, aber wen stört das schon, die paar Augenringe mehr, und irgendwann ganz früh am Morgen sehen die Füße dann so aus. Und tragen die Schuhabdrücke fremder Menschen mit sich und mir herum.

Wir sind zu sehr das Nichtlicht der Bars gewohnt, die Stadt schaut erschreckend hell aus und trägt den Schlaf vieler Leute im Gesicht. Wir steigen hinter einem hohen Fabrikgebäude die Stiegen hinauf und setzen uns mit dem Rücken zur Welt. Und dann fragst du, warum, und ich schweige, und mehr braucht es vielleicht auch nicht als Antwort, jetzt.

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Irgendwann dann doch ins Bett, aber erst, als der Schokokuchen glasiert ist und die Sonne schon lange durch die Dachfenster leuchtet. Dabei bin ich doch gar nicht müde, eigentlich, ich habe so viel im Kopf und würde gerne noch so viel von dieser Stadt und jeder einzelnen Sekunde hier aufsaugen, weil die Sekunden so gut schmecken hier.

Doch vielleicht hilft gegen all das gedankliche Achterbahnfahren doch ein wenig Schlaf, und seien es nur zwei Stunden.

Und dann, am Tag nach dem Aufwachen, sind alle da:

Das Hafenmädchen und der Hafenjunge bringen Kuchen mit, ach, die Nachbarn sogar auch, ein unverhofftes Geburtstagskind kommt vorbei, und das Essen ist eh sowas von egal, weil einfach die richtigen Leute am Tisch sitzen.

Irgendwann sind dann doch alle weg. Das letzte Geschirr ist abgespült, der letzte Löffel poliert, die Bank nach drinnen getragen, die Krümel abgewischt. Schotten dicht.

Nur noch ein letztes Eis für diesen Wiener Sommer, und der Eismann schaut so traurig.

Das Packen will ich immer noch vor mir herschieben, das wird auch 8 Stunden vor Abfahrt nicht besser, lieber noch einmal raus, raus, raus aus den Wänden, rauf auf die Straßen, das Fahrrad zurückgeben, ein Päckchen deponieren, den Kopf freikriegen.

Mitten auf der Straße stehen, staunen, und irgendwann –

innehalten.

Der Lieblingsplatz im Innenhof, den Notizblock auf den Knien, und ich dachte den ganzen Tag schon, irgendwann muss ich noch heulen. Ich war mir so sicher, aber noch nicht einmal hier wird es damit etwas. Spontan verleihe ich mir in Gedanken einen großen Tapferkeitsorden. Und dann schreibe, denke, grüble, notiere, verwerfe ich, und schlendere irgendwann nach Hause. Ich hab’ noch einen Koffer zu packen.

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Aber das … ist der nächste Teil der Geschichte.

By L.

I walk fast.

3 comments

  1. Absolut grandios.
    Ich liebe deine Seite, Texte und alles andere!
    Einfach .. mitten aus dem Herz.
    Traumhaft 🙂

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