zweinulleinseins.

Jahresrückblicke liest niemand, sie sind ätzlangweilig und Ende Dezember macht’s jeder (wenn man das ZDF ist, auch früher). Nur war dieses Jahr genug los für drei Jahre, wie sollte ich mir das alles merken? Und an die Kinder, die ich einmal haben werde: hier könnt ihr nachlesen, wie Mutters wildromantische Jugend war. Bitteschön.

Januar

Mein erster Monat in der neuen Wohnung im Ghetto, es ist wirklich sehr sehr kalt, ich habe keine Heizung, ich ziehe den Mantel auch nicht aus, wenn ich schlafen gehe. Ich mag die neue Wohnung und komme endlich über Wien hinweg (ach, Wien, ach). Weiß jetzt, was Futschi ist. Mein Laptop geht kaputt. An einem Morgen wache ich davon auf, dass es neben meinem Bett lichterloh brennt. Vor der Tür des St. Oberholz steht ein Typ mit Bart*, zieht an seiner Zigarette und sagt gemeine Sachen zu mir.

Februar

Ich esse ein Eis und schreibe einen meiner Lieblingstexte dieses Jahres. Und besuche eine Hochschulmesse, auf der mir viele Leute nichts Neues erzählen. Alles, was ich von dort mitnehme, ist ein Kugelschreiber und die immer stärker bohrende Frage, ob ein Studium das richtige für mich ist (die Antwort ist: nein).

März, April, Mai, Juni

Für eine Woche sind zwei Katzen bei mir zu Besuch, sie mögen mich nicht und schmeißen mich aus meiner Wohnung. Ich bin verstört. Ich sehe “Biutiful” mit Javier Bardem und bin noch verstörter, dann sind Ferien, ich sollte lernen und tue es nicht, stattdessen schreibe ich anlässlich der re:publica einen Artikel über Netzpolitik und die “Digitale Gesellschaft” und plötzlich fliegt mir diese Seite um die Ohren. Und ich stelle mir viele Fragen. Ansonsten sitze ich sehr lange in Parks und freue mich über das gute Wetter, was auch gut ist, weil da der Sommer ist (das weiß zu der Zeit nur noch keiner). Dann sind die Ferien vorbei, ich schreibe Prüfungen, ohne gelernt zu haben, was auch voll gut ist, vor allem, als es vorbei ist. Denn da fahre ich ans Meer, führe meinen neuen Bikini vor aus, spiele Volleyball am Strand, esse jeden Tag fünf Kugeln Eis, baue Sandburgen, laufe morgens um 6 am Strand entlang und auf einmal ist alles so gut und so richtig.

Juli & August

Ich lese vor, in Berlin und spontan auch in Köln. Auf den Abend der Lesung folgen eine denkwürdige Nacht und ein böser Morgen, ich dusche im Hallenbad und wickle mich danach in das größte Handtuch, das jemals eine Handtuchfabrik verlassen hat, da bin ich seit 35 Stunden wach, später fahre ich noch mit dem Zug in eine andere Stadt, zu jemandem, den ich sehr mag, geschlafen wird nach 46 Stunden Wachsein. Einen Tag später werde ich am Bahnhof dieser Stadt sitzen und auf die Ankunft einer Frau mit braunen Locken warten, die mein Leben sehr großartig machen wird, aber das weiß ich noch nicht, als ich warte. Und von diesem Tag an bin ich für 6 Wochen unterwegs.

September

Ich bin zurück in Berlin und ich ertrage diese Stadt nicht mehr. Ich bin zurück in der Schule und hasse es. Ich verstehe nicht, wieso ich mir das alles antun soll, nur für diesen Schein, auf dem “Abitur” steht. Ich sitze dort Zeit ab, 50 Stunden pro Woche, Zeit, die ich weit sinnvoller nutzen könnte, ich lerne nichts und schlage mich mit Bürokratie und den absurden Beschlüssen der Berliner Senatsverwaltung herum. Nebenher arbeite ich 30 Stunden pro Woche, und ich will alles hinschmeißen. Zur Kompensation gehe ich sehr häufig Eis essen und sitze dabei auf einem Holzschlitten.

Oktober, November, Dezember

Ich bin immer noch in Berlin und zwar stehe ich am Rande eines Nervenzusammenbruchs, aber gehe immer noch zur Schule. An einem Sonntag fällt auf dem Weg zur Arbeit mein iPhone auf den Boden und ist kaputt. Ich habe kein Geld, mir ein neues zu kaufen. Außerdem habe ich kein Date, gehe nicht ins Kino, da die Filmrolle nicht ankommt, und esse handtellergroße Ravioli im hässlichsten italienischen Restaurant Berlins, was bemerkenswert ist, gibt es doch sehr viele Anwärter für den Titel “hässlichstes italienisches Restaurant Berlins”. Ich arbeite sehr sehr viel, transportiere große Regale mit der U-Bahn, habe einen blauen Fleck in Form des Batman-Symbols, führe Bartdiskussionen, gehe auf ein Konzert. Und plötzlich ist es Ende Dezember und ich habe an Silvester etwas vor, das wird schön, und plötzlich ist alles gut.

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Das Jahr in Zahlen:

– nicht vollendete Blog- und Twitteraccountlöschungen: 6
– zum Jahresende noch zu beantwortende Nachrichten: Drölfzigtausend. (An alle, die noch auf eine Antwort von mir warten: ich schreibe. Baldestmöglich. Und bitte um Verzeihung.)
– Anzahl erhaltener Tierstempel für herausragende Leistungen im Fach Mathematik: 4
– verbrannte Bettdecken: 2
– Zahl des Jahres: Umzüge: 0
Beziehungsstatus bei Facebook geändert: 0 Mal
– Momente für die Ewigkeit: 178

Leistungen, für die ich wieder keinen Nobelpreis erhielt:

Einen Topf mit 3 Litern Karottensuppe aus 2 Metern Höhe fallen lassen.

Lieblingsliedzeile:

Unterm Jackett ihre Hände / fragte mich die Fremde: / wie ich ew’ge Liebe fände. (Erdmöbel)

Gewesen:

Awesome. Wütend. Versöhnt. Frustriert. Genervt. s.w.a.g. Verknallt. Verliebt. Unterwegs. Unkool. Nicht allein. Albern. Kindisch. Niedlich. Übermütig. Dafür. Zusammen. Wild. Verschlafen. Durch. Dagegen. Nervös. Zufrieden. Übermüdet. Aufgeregt. Sehnsüchtig. Allein. Wildkatze. Glücklich.

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2012

Wenn alles gut läuft,

ist alles gut. Ganz bestimmt. Und deshalb: wir werden sehen.

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Zum Schluss will, muss ich danke sagen. Den beiden Männern vom Verein: *dem, der endlich wieder Bart trägt, und dem, der endlich wieder eine Frisur hat: ihr seid die Allertollsten. Dem Traummädchen. Und, ja: … .

Verehrter Leser dieser Zeilen, Glückwunsch, Sie haben es geschafft. Dieser Text ist durch, und dieses Jahr ist durch. Ich danke Ihnen im Namen aller Texte auf dieser Seite für alle Aufmerksamkeit. Danke auch allen, die mich davon abhielten, diesen Blog zu löschen. Bleiben Sie uns gewogen, wir sehen uns im neuen Jahr. Und jetzt, worauf warten Sie noch? Schalten Sie Ihren Computer aus und

gehen Sie leben. Jetzt. Es wird 2012. Und es wird

 

gut.

By L.

I walk fast.

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