Ihr Kinderlein, kaufet,… Über die Weihnachtsakademie Trier

Nein, das wird kein “Weihnachten besteht doch eh nur noch aus den 3 Ks (Krust, Krempel, Kommerz)”-Gezeter-Post.
Sondern ein Post, der sich fragt: Was bitte ist davon zu halten, wenn Kinder Singen nur noch von Rolf Zuckowski lernen?

In Trier (bekannt: Porta Nigra. Unbekannt: Horst Köhler stammt aus Trier*) gibt es eine Weihnachtsakademie. Hier gibt es beispielsweise einen speziellen Weihnachtsliederkurs für Kinder. Super Sache (Achtung, Ironie)! Denn: Irgendjemand muss ja dafür sorgen, dass die armen Kinder von heute auch mal zum Singen kommen. Oder wie sagt eines der teilnehmenden Kinder so schön:”Wir singen zuhause keine Weihnachtslieder. Aber singen macht mir Spaß!” Die leitende Pädagogin erzählt, dass die Kinder Lieder von oben genanntem Rolf Zuckowski (Lieblingskinderliederautor!) prima auswendig können, von “In der Weihnachtsbäckerei” bis zu “Es schneit”, womöglich haben sie die auch nicht vom Singen mit Mama, sondern von der DVD, aber das sei mal dahingestellt. Traditionelle (Weihnachts)Lieder kennt dagegen kaum jemand. Und das soll in der Weihnachtsakademie geändert werden, ebenso wie die Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes.

Aus diesem Grund lernen nicht nur die Kleinen was – auch ihre Eltern werden in die erzieherische Mangel genommen. Damit die Kinder nicht nach drei Stunden vorlesen immer noch wach sind, gibt es für die Mamas Vorlesekurse – in denen sie Artikulation mit einem Korken im Mund lernen oder ihnen beigebracht wird, dass man ein Satzende verdeutlichen sollte, indem man die Stimme senkt.

Neben Krippenbastelkursen werden auch Fotokurse für die Papis angeboten, Männer sind eben doch wieder am besten über die (Tücken der) Technik zu kriegen. In ihrem Kurs hören manche von ihnen möglicherweise zum ersten Mal, dass allein der Besitz einer Digitalkamera noch keine perfekten Fotos bedeutet (meine Rede!).

Und was meinen die Kleinen über ihren Kurs?
“Vielleicht können wir ja daheim immer ein bisschen mehr singen.” Natürlich, nicht jede Mutter ist eine Maria Callas, und auch nicht jeder Vater ein Villazón, aber darum geht es doch gar nicht beim gemeinsamen Singen, ob an Weihnachten oder an den restlichen über 360 Tagen im Jahr. Es geht um das Gemeinsame, ja, auch um eine Emotionalität, denn Singen verbindet. Das Problem ist nicht, dass die Kinder eben die Texte der alten Lieder nicht kennen. Das Problem ist, dass sie dieses Gefühl der Einigkeit, Innigkeit, die beim Singen oder Musizieren entstehen kann, nicht kennen. Das ist es, was fehlt.

Offizielles Ziel der Akademie ist, “traditionelle und emotionale Werte in der Familie wieder aufleben zu lassen”, so Rudolf Hahn, Leiter der Akademie, die mit einem Stand auf dem Trierer Weihnachtsmarkt vertreten ist. Der Radiosender, der ein Interview mit ihm ausstrahlt, drückt das so aus:”Holen Sie aus Weihnachten noch mehr raus!” Wohin kommen wir eigentlich noch, wenn wir jetzt nicht nur aus uns, unserer Arbeit, unserem Leben und überhaupt “noch mehr rausholen” sollen? Aber wie gibt auch Hahn am Ende seines Radiointerviews so schön zu – “wir können uns dem Kommerz eben auch nicht ganz entziehen”.

*Horst Köhler ist besser bekannt unter seinem Künstlernamen Guildo Horn, Schlagersänger und singt zum Beispiel “Guildo hat euch lieb”. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage wurde bis heute nicht nachgewiesen.

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