Afghanistan – Journalist zum Tode verurteilt

Ein Gericht in Balkh, einer Provinz im Norden Afghanistans. Nach einem Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Teilnahme eines Rechtsanwalts, wurde der 23-jährige Journalist Perwis Kambachsch zum Tode verurteilt. Im wird Blasphemie zur Last gelegt, er soll den Islam beleidigt und Koranverse falsch widergegeben haben.
Grund für seine Festnahme im Oktober 2007 war, dass er im Internet einen Text über Frauenrechte im Islam ausgedruckt und diesen an einer Universität verteilt haben soll.

Der Bruder des Verhafteten, Said Jakub Ibrahimi, ist ein bekannter Reporter des internationalen Institute for War and Peace Reporting (IWPR). Laut dessen Landesdirektorin hatte dieser mehrere kritische Berichte über afghanische Politiker geschrieben, der afghanische Geheimdienst hatte Ibrahimi gemäß dessen eigener Aussage zur Preisgabe seiner Quellen zwingen wollen.

Die UN kritisierte inzwischen sehr deutlich den Verlauf des Verfahrens und die Einschüchterung von Journalisten, die darüber berichten wollten – ein Zeugnis dafür, dass die noch nicht lange offen arbeitenden Medien in Afghanistan noch auf wenig Akzeptanz stoßen, vor allem bei religiösen Extremdenkern.

Laut der ursprünglich französischen, 1985 gegründeten Menschenrechtsorganisation Reporters sans frontières (Reporter ohne Grenzen) kamen allein im Jahr 2006 81 Journalisten wegen und während ihrer Arbeit ums Leben. 870 waren weltweit im Gefängnis, einige davon befinden sich immer noch dort; es gab in diesem Jahr 1.400 Angriffe und Bedrohungen gegen Medienvertreter.
Die Homepage (Link) von Reporter ohne Grenzen ist ein Zeugnis dessen, dass die vordergründige Pressefreiheit, die uns 347 deutsche Tageszeitungen suggerieren, nicht mehr als ein Schein ist – denn die Länder, über die viel berichtet wird, sind nunmal auch die Länder, in denen nicht die Probleme herrschen, die in unseren Medien totgeschwiegen werden. Und die nicht auf unserer gedanklichen Landkarte erscheinen – wann hat man nochmal zuletzt Nachrichten aus Äquatorialguinea und Eritrea gehört? Doch selbst die, die dank Industrialisierung und Technisierung auch bei uns öfter in aller Munde sind, gaukeln uns oft mehr vor als wir gerne glauben möchten – man denke an China oder Russland:


(Quelle: www.reporter-ohne-grenzen.de)

Der ROG-Jahresbericht 2007 (Link) dokumentiert die Lage der Pressefreiheit in 98 Ländern mit einleitenden Kommentaren zu den jeweiligen Ländern. Unbedingt lesenswert!

2 comments

  1. In der Friedensbewegung ist einhellige Meinung: Militär raus aus Afghanistan, statt dessen viel mehr Entwicklungshilfe rein – und man denkt, damit wird man dann allmählich einen demokratischen Staat nach westlichem Muster schaffen, mit allen unseren Freiheiten einschließlich der Pressefreiheit! Es ist gut, dass hier mal mit dieser Illusion aufgeräumt wird! Wie soll man sich da nun verhalten? Es gibt ja auch in der UNO das Prinzip der “good governance”, das ja Achtung der Menschenrechte, also auch Pressefreiheit einschließt. Soll man nun jede Entwicklungshilfe mit dieser Bedingung verbinden? Dann bleibt nicht viel übrig.

  2. Ich bin generell gegen Militär und für den Frieden.Das ist die eine Seite.Blöd wird der Vorsatz (und damit auch die Pro-Friedenshilfe-Bewegung) nur dann, wenn es Leute gibt, die bei solchen Ideen nicht dafür sind und das Ganze boykottieren – und dann genügt das berühmte kleine Stückchen Sauerteig, um eine ganze Masse zu durchsäuern.Man kann einem Volk im “Abendland” und Osten keine ach so tolle westliche Lebensform aufzwingen – zum einen hat die genauso ihre Schattenseiten, nur fallen die in eine andere Himmelsrichtung. Zum anderen kann ein Volk sich nur von innen heraus entwickeln. Aus diesem Grund funktioniert Entwicklungshilfe auch nicht in Abhängigkeit von Bedingungen. Sondern ausschließlich dann, wenn die Hilfe zur Entwicklung von wichtigen Trägern unterstützt wird – eine “Modernisierung” eines Staates, die sich gegen die Staatsträger, u.a. den Präsidenten richtet, ist ein Affront – der meist in noch mehr Gewalt endet.

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