Bei der Kälte: Ins Kino! "Die Erde von oben" und "Nichts als Gespenster"

Ich habe mich durch den (gefühlten) Tiefschnee vom Kino wieder nach Hause gegraben…

Wer jetzt noch etwas Zeit hat oder Zeit finden mag, hier zwei Tipps für absolut sehenswerte Filme:
“Nichts als Gespenster” von Martin Gypkens, ein deutsches Episodendrama, basiert auf dem gleichnamigen Bestseller von Judith Hermann. Der Film erzählt in mal schneller, mal langsamer wechselnden, wunderschönen und sehr intensiven Betrachtungen und Bildern von
5 Beziehungen,
5 Lieben,
5 Ländern,
mehr als 10 Menschen
um die 30,
wie sie zueinander stehen und sich einander annähern oder vollständig voneinander entfernen. Von der (un)glücklichen Liebe und Verlorenheit der Protagonisten, die doch nichts mehr wollen als etwas finden, von dem sie gar nicht wissen, dass sie es suchen.
Eine Frau muss sich zwischen ihrer besten Freundin und einem Mann entscheiden; ein Paar auf einem Roadtrip durch die USA fährt mit dem Mietwagen beziehungstechnisch in eine Sackgasse; bester Freund und beste Freundin fahren zum Abschalten nach Island und besuchen ihren Jugendfreund und dessen Frau – die falsche verliebt sich in den, der mit der anderen im Bett landet und noch nicht einmal weiß, warum; zwei Frauen besuchen einen alten Freund auf Jamaika – eine der beiden weiß nicht, was sie von ihrem Leben eigentlich noch wollen soll, wünscht sich einen herannahenden Hurrikan förmlich herbei in der Hoffnung, er möge die Veränderung in ihr Leben bringen, die sie selbst nicht herbeiführen kann; die letzte Frau reist Hals über Kopf zu ihren Eltern, die sich auf Dauerreise und derzeit in Italien befinden, kommt ihnen aber nicht weiter als räumlich näher.

Es geht um Begegnungen, lange gehegte Hoffnungen und Veränderungen, durch alle Szenen zieht sich wie die Fäden eines Teppichs diese Sehnsucht und alle fünf Geschichten verschmelzen zu einer einzigen.

Film #2 ist der, den ich heute Abend gesehen habe: “Die Erde von oben – ein kostbares Geschenk”, der 2004 erschienene erste Film von Regisseur Renauld Delourme, eine Adaption von Bildern von Yann Arthus-Bertrand. Der französische Luftfotograf hat über 80 Länder überflogen und dabei mehrere Tausend Detailaufnahmen gemacht, die in mehreren Geo-Bildbänden erschienen sind. Der Film handelt vom Konflikt Mensch-Natur, zeigt in Bildern die Schönheit, aber auch die Zerstörung unseres Planeten, in Bildern, die jedoch selbst dann ergreifen, wenn sie Müllberge, verbrannte Erde, ausgetrocknete Wüsten oder völlig überbevölkerte Slums zeigen.

In sieben Kapiteln (Genesis, Mensch, Sinne, Babel, Das Chaos und die Ordnung, Zivilisation und Terra Incognita) spannt der Film in einem Dialog, geführt von Stimmen aus dem Off zwischen einem Vater und seinem Sohn, eine Weltreise durch Geographie, Geschichte und Philosophie – immer auf der Suche nach der Antwort auf die Frage: Wie lange noch?
Die Texte der Dialoge sind sehr kindliche Fragen einerseits, die Antworten entstammen de-Saint-Exupérys “Der kleine Prinz” und Edgar Morins “Das Rätsel des Humanen. Grundfragen einer neuen Antropologie.” Sie sprechen von der Verletzlichkeit der Schönheit und vor allem: Von unserer Verantwortung. Und wenn es den Homo Sapiens nun schon so lange gibt – seit wann gibt es dann ethisches Handeln und menschliche Verantwortung? Diese Frage des Kindes bleibt ohne Antwort.

Mit über 170 Aufnahmen in gewaltigen Bildern stürmt eine wahre Wucht auf einen zu, die man, verbunden mit den Worten, erst einmal verdauen muss. Durch die wunderschöne Musik von Armand Amar wird die Botschaft der Bilder erst hörbar und stellenweise sehr laut.

Das Kino war nach dem Ende des Abspanns leise wie nie.


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