Willkommen zurück in unserer beliebten Serie bei “wunder.schön aber zelten”. Dieser Text stammt aus der Reihe “Mein schönstes Ferienerlebnis” und trägt immer noch den Titel “Zelten”. – Zu Folge 1, Folge 2, Folge 3.
Tag 3
Heute gehe ich endlich zum ersten Mal baden. Das Wetter ist super, die Sonne scheint, es regnet endlich nicht mehr, der Reiseführer sagt, dass es auf Sardinien weder Seeigel noch sonstige gefährlichen Tiere gibt, ich ziehe also meinen Bikini an, gehe zum Strand und laufe direkt ins Wasser. Nach den ersten fünf Metern ein stechender Schmerz an beiden Füßen. Ich ziehe meinen einen Fuß aus dem Wasser und sehe mir die Fußsohle an.
Ich bin in einen Seeigel getreten.
Fluchend laufe ich wieder aus dem Wasser, gehe zum Zelt, hole mein Taschenmesser. Die nächsten drei Stunden verbringe ich damit, mir in meiner Hängematte sitzend 100 Stacheln aus den Fußsohlen zu schneiden. Dann probiere ich, ein paar Schritte zu gehen. Mit letzter Kraft schleppe ich mich zu einem Mülleimer und werfe meinen Reiseführer weg.
Laufen funktioniert also nicht wirklich gut. Ich muss also eine andere Möglichkeit finden, mich fortzubewegen. Ich könnte auf den Händen laufen! Nun muss ich an dieser Stelle aber erwähnen, dass ich das das letzte Mal vor ungefähr 15 Jahren versucht habe. Meine damalige Sportlehrerin und Fußballtrainerin hieß Frau Hoffmann und hatte lange bei der Bundeswehr gedient, bevor sie Lehrerin wurde, mehr muss man über ihre Unterrichtsmethodik an sich auch nicht wissen. Es war in der siebten Klasse, da hatten wir, eine Ansammlung Mädchen mit pubertätsbedingt stark deformierten Körpern, als Schwerpunkt Boden- und Geräteturnen. Es war eine Zeit bitterer persönlicher Niederlagen, die ihren Tiefpunkt an dem Tag erreichte, an dem Frau Hoffmann mich auf einen Schwebebalken jagte und mir nach wenigen Sekunden, als ich noch nicht einmal da oben stand, sagte, ich sähe aus wie ein Elefant auf einem Drahtseil über den Niagarafällen. Ich riss mich zusammen und fragte sie nicht, wieso eigentlich ein Elefant auf ein Drahtseil über den Niagarafällen steigen sollte. Dem Thema Geräteturnen entrann ich erst, als die Notenvergabe anstand und ich während der Kür so vom Stufenbarren fiel, dass alle Umstehenden mich erst für tot und dann für querschnittsgelähmt hielten. Für diese Vorstellung gab Frau Hoffmann mir eine 2 bis 3, vermutlich auch nur, weil ich es geschafft hatte, zu überleben. Und dann kam die Bodenmatte. Dass ich mit meinen plötzlich gewachsenen Gliedmaßen auch an Handstand, Rad und dem Laufen auf den Händen scheiterte, muss ich an dieser Stelle vermutlich auch nicht mehr sagen.
Kurz: auf den Händen laufen ist damit aber leider nicht einmal mehr im ENTFERNTESTEN etwas, worüber ich nachdenke. Bleibt also nur noch krabbeln. Wenigstens die Kinder auf dem Zeltplatz freuen sich wie irre darüber, dass es hier endlich einmal ein Tier auf dem Zeltplatz gibt, auf dem sie reiten und das sie mit kleinen Stöcken antreiben können. Ja, man kann sagen, ich habe Spaß.
Tag 4
Am Abend will ich mir endlich einen Tee kochen, ziehe meinen Gaskocher und eine Gasflasche aus dem Rucksack, stecke die Flasche in den Kocher, will sie weiter hineindrehen und PSCHHHHHHHT! Die Gasflasche fliegt mir entgegen. Genau in diesem Moment hört es auf zu regnen und eine riesige Flasche Butangas strömt in die süße Abendluft. Ich greife die Flasche, werfe sie drei Meter weiter, das Gas weht in mein Zelt, es stinkt wie kurz vor einer Gasexplosion. Ich sehe mich vorsichtshalber um: wenigstens ist noch keiner meiner Nachbarn wach, wenn hier schon gleich alles in die Luft fliegt, will ich wenigstens keine Augenzeugen. Und dann sitze ich da: vor meinem Zelt, in einer Pfütze, alles stinkt wie faule Eier, und leise zischt das Gas immer weiter aus der Flasche. Wäre es nicht so traurig, es könnte fast romantisch sein. So viel Aufregung noch vor dem ersten Kaffee vertrage ich nicht. Ich muss eine Zigarette rauchen. In dem Moment, als ich sie schon im Mundwinkel stecken habe und mit einem Feuerzeug anzünden will, denke ich mit der Langsamkeit eines Taschenrechner-Prozessors: Gas. Feuer. Gas. Feuer. Gas. Feuer. BUMM! Schnell werfe ich das Feuerzeug ins Eck.
Wie explosiv ist dieses Gas eigentlich wirklich? Kurz überlege ich, einen der Nachbarn in den umstehenden Wohnmobilen zu fragen, dann ist mir das alles aber doch ein bisschen peinlich, sobald einer von denen hier auftaucht, wird es eh nicht lange dauern, bis er entweder riecht, was los ist, oder aber irgendetwas in die Luft fliegt. Ich hatte mir ganz fest vorgenommen, während des Urlaubs nicht ins Internet zu gehen. Jetzt bin ich gerade einmal eine Nacht hier und mein Vorsatz löst sich in Gas auf. ich aktiviere mein Auslands-Datenpaket und google “Gas Flasche Explosion“. Kurz darauf wünsche ich mir, ich hätte es nicht getan. Und beschließe, zeitnah meine Sachen zu packen und von hier zu verschwinden.
Im nächsten Teil fahren wir mit dem Bus in die Achtziger, begegnen der Zombieapokalypse und lassen nochmal was explodieren. Schalten Sie also auch morgen wieder ein, wenn es heißt: Zelten macht Spaß!
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