“Im Anfang war das Wort…” (Johannes 1,1). Falsch. Im Anfang war Musik. Man stelle sich vor: Stille & Dunkelheit, die Unendlichkeit. Langsam erwächst daraus ein immer weiter werdender, schließlich alles erfüllender Klang… (wer dazu ein Bild braucht, denke an Stanley Kubricks “2001”, haha).
Und irgendwann zerhackte man den Klang in kurze, prägnante Einzelteile, die leichter zu schlucken waren – et voilà, die Geburtsstunde der Sprache. Das Wort war geboren und schrie “buääääh!”.
Musik ist die organisierte Form von Schallereignissen (ich kann mir nicht helfen, es klingt wie eine Vorstufe zum organisierten Verbrechen).
Aber Musik ist mehr als diese nüchterne Umschreibung. Musik ist Leben, Puls, Gefühl, Verstand, Kopf und Herz, Anfang und Ende. Ich könnte Oden an die Musik verfassen, ihr Liebesgedichte schreiben und würde sie vom Fleck weg heiraten. Wäre nur noch die Frage: Musik, wie sind denn deine Eltern so?
Das Wort Musik wurde vom Lat. (ars) musica übernommen, das auf der ersten Silbe betont wird und erstmals im 9. Jh. in einem Ahd. Text vorkommt, später verändert sich die Schreibweise von museke über music im Frnhd. Unter Einfluss des Franz. musique entstehen so im 17. Jh. die Schreibweise Musik sowie eine Verschiebung der Betonung auf die zweite Silbe.
Zweite Wurzel des Worts ist das Gr. musike, das für Musenkunst, Musik steht und in der Antike u.a. auch die Dichtkunst umfasste. Musike wurde abgeleitet von Musa, den die Künste, vor allem die Schönheit des Gesangs und der Dichtkunst, beschützenden Göttinnen. Der griechische Dichter Hesiod (*vor 700 v.Chr.) beschrieb in seiner über 1000 Hexameter (= Grundvers des antiken Epos) umfassenden Theogonie ( ????????– Göttergeburt) die Entstehung der Welt und der Götter aus dem zu Beginn alles umfassenden Chaos.
Die neun Musen (?????) sind Töchter des Zeus. Ihr Name lässt sich vom Lat. mens ableiten, – die Sinnende oder die Erinnernde, was eine Verbindung zu ihrer Mutter Mnemosyne, der Göttin der Erinnerung herstellt – aus der Erinnerung wurde die Kunst geboren. Angesichts ihrer Beliebtheit waren sie von großer Bedeutung, gehörte doch eine Anrufung der Muse zu Beginn eines Werkes schon seit Homer zur Tradition der antiken Dichtkunst. Die Dichter schrieben ihnen ihre Inspiration zu und baten sie um Beistand.
Orpheus, Sohn der Hauptmuse Kalliope (“die Schönstimmige“, Göttin der epischen Dichtung und Wissenschaft) und des Musenführers Apollon, gilt als Schöpfer der Musik und des Tanzes. Die Bäume neigten sich ihm zu, wenn er spielte, wilde Tiere scharten sich friedlich um ihn, die Felsen weinten, wenn er spielte und sang. Und mit seinem anrührenden Gesang errang er, wenn auch nur für kurze Zeit, seine Geliebte vom Hades zurück.
Überraschungsei
Die Heiligtümer der Musen heißen museion, woraus unser heutiges Museum entstand.
Wer die Musen einmal selbst besuchen oder sich von einer von ihnen küssen lassen möchte, kann unter anderem zum Berg Helikon fahren, von dem auch die Bezeichnung Helikoniades als Synonym für die Musen rührt.
Zum Weitersingen:
Wie kam die Musik zu uns? Und wie kamen wir zur Musik? Kurz gesagt: Kommunikative Anpassung an das Leben in größeren Gruppen. Und, wie sollte es auch anders sein – sexuelle Selektion. Mehr zur Musik hier: Vor- und Frühgeschichte.
Ich wollte wie Orpheus singen in der Version der Söhne Mannheims (Original von Reinhard Mey). Nick Cave – The Lyre of Orpheus. Ash – Orpheus. Jacques Offenbach – Orpheus in der Unterwelt.
Der internationale Musiktag am 01. Oktober, 1975 vom Geiger Yehudi Menuhin, einem meiner Kindheits-Heroes, ins Leben gerufen, soll das Verständnis der Völker für ihre unterschiedlichen Arten von Musik und das Musizieren fördern. Und deshalb: Singe, wem Gesang gegeben! Und wem nicht, … naja, der singe eben trotzdem.