Filmkritik: Der Mongole

Der erste Teil einer geplanten Trilogie des Regisseurs Sergej Bodrov trägt den Untertitel “The untold Story of Ghengis Khan“. Er handelt von dem späteren Großkhan, der die zerstrittenen Mongolenstämme einte und das mongolische Reich weit über dessen bisherige Grenzen ausdehnte.

Beim Stichwort “Dschingis Khan” fallen einem als erstes (außer dem “Dschin-, Dschin-, Dschinghis Khan!”-Lied) ein: Blutige Schlachten, wilde Reiterhorden und ein Furcht verbreitender Herrscher. Der Film möchte den Menschen hinter diesen Bildern greifbar machen, diese Klischees relativieren und zeigen, wie er zu dem wurde, was er am Ende war.

Als 9-Jähriger reitet der kleine Häuptlingssohn Temudgin (Odnyam Odsuren, später: Tadanobu Asano) mit seinem Vater zur Brautschau. Er erwählt die ein Jahr ältere Borte (Bayertsetseg Erdenebart, später: Khulan Chuluun), in 5 Jahren wollen sie heiraten.
Doch auf dem Rückweg wird Temudgins Vater ermordet und der Kleine wird unverhofft Khan seines Stammes. Er hat keinen einfachen Start, denn einer seiner eigenen Leute (Targutei, gespielt von Amadu Mamadakov) zieht die Krieger auf seine Seite und möchte Temudgin töten. Dieser entkommt dem Tod nur, da seine Mutter den Abtrünnigen auf den Brauch hinweist, dass Mongolen keine Kinder töten. Also hält Targutei Temudgin lediglich fest, um ihn zu töten, sobald er etwas gewachsen wäre.
Temudgin kann jedoch fliehen und macht sich auf eine lange Reise auf, um seine große Liebe Borte zu finden und Krieger um sich zu sammeln – auf dem Weg zur Eroberung der Welt…

Temudgin wird in der ersten Hälfte des Films von einem Feind zum nächsten gehetzt– und in Teil zwei wird er vom Jäger zum Gejagten. Er bricht die mongolische Tradition und eröffnet einen Krieg, um seine Frau wieder zu bekommen. Doch obwohl er später eine Familie und langjährige Gefährten hat, bleibt es für ihn dennoch bei der Rolle des einsamen Wolfs – er lässt seine Freunde aus selbstsüchtigen Gründen im Stich, und lässt Frau und Kinder zurück, um seine Macht zu festigen.
Die Liebe zu seiner Frau lässt ihn allen Widerwärtigkeiten trotzen, ist sein Motor und der Grund, aus dem er alle Strapazen erduldet.

Leider wird der Film seinem eigenen Anspruch nicht ganz gerecht.
Häufig sprechen die Figuren davon, dass man etwas tun oder unterlassen solle, da es Brauch sei. Doch hat man das Gefühl, dass diese Hinweise lediglich als Alibi eingestreut werden, um dem Zuschauer wenigstens pro forma einige Sitten der Mongolen näher zu bringen. Die Liebesgeschichte ist zwar ein entscheidender Baustein des Films, wirkt aber wie eine Absolution für die Taten des Khan und dadurch ein wenig überzogen.

Schön ist, dass der Held nicht komplett zur Gottheit erhoben wird, sondern neben seinen guten Seiten wie seiner Gerechtigkeit auch die großen charakterlichen Schwächen zum Tragen kommen, das gibt der Figur deutlich Tiefe.
Der Film wurde an Originalschauplätzen in Kasachstan, China und der Mongolei gedreht, auch die Musik passt gut zu den teilweise mystischen Szenen und rundet das Ganze ab.

Herausragend ist die Qualität der Bilder, wer gerne große Szenen in sich aufsaugt, dem wird einiges geboten. In Breitbandformat ist dieser Film ein absoluter Genuss für die Augen. Bilder, die man gar nicht mit einem Blick erfassen kann, lassen einen zufrieden aus dem Kino gehen: Ein Blitz, der sich in einem Kinderauge spiegelt. Die weite, grüne Steppe. Das von Wind und Wetter zerfurchte Gesicht eines Mannes. Das Profil eines Mannes mit einer Fellmütze, durch deren Fransen die Sonne scheint. Pferde auf einer Anhöhe. Kamelreiter in der Sandwüste. Die abschließende Schlacht mit tausenden von Reitern. Epische Gemälde im Großformat. Und danach weiß man, warum der Film als ausländischer Film für den Oscar 2008 nominiert wurde.

So verlässt man das Kino staunend – und mit dem Gefühl, dringend mal in die Mongolei zu müssen…

Bewertung: *****

Homepage: www.mongolmovie.com

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