Jetzt aber mal im Ernst… ein Plädoyer für den Brief

… Briefe sind wichtig.

Damit meine ich keine “Hehe, danke für die 16 Tonnen Schinken, die wir aus deinem Lagerraum mitgehen gelassen haben!”-Briefe. Und auch keine “wir möchten Sie freundlichst daran erinnern”-Mahnungen oder “vielen Dank für Ihre Bestellung bitte überweisen Sie”-Briefe.

Sondern
Liebes-
Abschieds-
Beileids-
Alles-Gute-
Glückwunsch-
Entschuldigungs- und
Freundschafts-Briefe.

Zweifellos kann man einen schönen Text auch in eine E-Mail verpacken und auch über eine SMS mit guten Wünschen oder einem Gedicht freut sich jeder. Ich mich übrigens auch 🙂
Der Unterschied liegt in der Wert(haltig)keit.

Diese kommt schon allein durch die Geschwindigkeit, in der sie entstehen – für einen Brief braucht man (Ergebnis Selbstversuch) mindestens das drei- wenn nicht sogar vierfache der Zeit, in der man eine elektronische Nachricht abgetippt hätte.

Eine E-Mail öffnet man. Liest sie. Freut sich (u.U.). Druckt sie bestenfalls aus. Klickt auf “nächste Nachricht lesen”. Und beim nächsten Ausmisten fliegen Ausdruck und Nachricht in den (elektronischen) Papierkorb. Spätestens beim Wechsel des Handymodells oder des Anbieters sind die meisten SMS für immer weg. Das war’s.

Einen Brief hingegen kann man als Lesezeichen benutzen, damit man sich immer an ihn erinnert. Einen Brief hängt man sich an eine Pinnwand, um ihn immer wieder zu lesen. Einen Brief legt man sich unters Kopfkissen, damit man besser schläft. Ein Liebesbrief kriegt vielleicht sogar noch einen Lippenstiftkussmund ab. Ein Brief bekommt einen besonderen Platz in einer Schublade oder einem Kästchen. Einen Brief holt man auch nach Jahren hervor, liest ihn und freut sich darüber. Einen Brief kann man vielleicht sogar einmal seinen Enkelkindern zeigen und sagen “guck mal, das war, als Opa und ich uns kennen gelernt haben”.

Das klingt vielleicht alles etwas melancholisch-verklärt. Ich hatte in meinem jungen Leben bisher… B., S., E., R., K., D., F., T. … 8 Brieffreundschaften, die meisten davon über Jahre hinweg. Die Briefe daraus und alle anderen, die ich bisher bekommen habe (zum Beispiel meinen ersten Liebesbrief – war mir das peinlich!), bewahre ich in einer großen Kiste auf. Und bei jeder Ausmistaktion nehme ich sie in die Hand, lese ein paar davon und freue mich darüber. Die Frage, auch nur einen davon wegzuwerfen, stellt sich erst gar nicht.

Briefe sind etwas Zeitloses, an deren 20g-Papier viele Erinnerungen hängen bleiben – die bei jedem elektronischen Medium schnell weggeklickt sind.


P.S.: This text was
neither sponsored by Deutsche Post AG nor www.liebesbrief.de 😉

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Slade – My Oh My

 

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