Filmkritik: "Der Rote Baron"

Samstag? Kino!
Und was kam? Nach demokratischem Beschluss (“ich habe abgestimmt, ihr habt verloren”) fiel die Entscheidung: “
Der Rote Baron“. Denn: Wenn in Deutschland einmal so viel Geld ausgegeben wird, dann muss man auch sehen, ob es sich gelohnt hat. 18 Millionen Euro. Gedreht mit größtenteils deutschen Schauspielern auf Englisch, Ziel internationaler Erfolg. Für Drehbuch und Regie zeichnet Nikolai Müllerschön verantwortlich.

Die Story:
Der Film hangelt sich, unter Einbindung einiger fiktiver Teile, an der Lebensgeschichte des Freiherrn Manfred von Richthofen (Matthias Schweighöfer) entlang. Manfred von Richthofen lebte von 1892 bis 1918, der Film spielt in den Jahren zwischen 1916 und 1918. Deutschland befindet sich im 1. Weltkrieg, Richthofen kämpft in Frankreich.

Es geht um einen jungen Mann und seinen Traum vom Fliegen, den dieser glaubt, nur im Krieg verwirklichen zu können.
Das Abschießen anderer Flugzeuge ist für von Richthofen nichts als ein Spiel, eine Jagd, ein Spaß – dass er bei seinem “Spiel” Leben auslöscht, realisiert er nicht. Mit seinen Fliegerkameraden (u. a. gespielt von Til Schweiger und Maxim Mehmet) verbindet ihn eine innige Männerfreundschaft, die nach und nach am Tod zerbricht, der für jeden der Piloten bei jedem Einsatz so nah, aber dennoch in unendlich weiter Ferne ist. Sie sehen sich selbst nicht als Soldaten und Krieger, sondern betrachten selbst ihre Feinde eher als Gegner in einem Turnier, im Film fällt einmal der Vergleich mit einem Tennisspiel. Sie glauben, sie seien Ritter.

Doch aus dem Traum vom Kriegsspiel, in dem von Richthofen es sich mit seinem Flugzeug bequem gemacht hat, erwacht er nach und nach auf unschöne Weise. Er ist gut, und das weiß er – doch er möchte mehr, er möchte eine Legende werden. Sein Flugzeug malt er rot an (, daher der “rote Baron”), seine Gegner sollen Angst vor ihm haben, und der Erfolg gibt ihm Recht. Mit dem Erfolg lassen auch Beförderungen, Orden und Auszeichnungen nicht auf sich warten. Er wird zum Idol, zum Hoffnungsträger – für die, die täglich in den Schützengräben an der Front kämpfen.

Doch von Richthofen begeht Fehler. Er legt sich mit seinen Befehlshabern an, arbeitet mit anderen Strategien – und macht etwas Entscheidendes falsch: Er wird weich. Und wer ist schuld? Wie immer – eine Frau.
Im Lazarett lernt er die Krankenschwester Käte Otersdorf (Lena Headey) kennen, verliebt sich in sie. Sie zeigt ihm, was Krieg wirklich ist und wen er am Ende (tödlich) trifft. Sie öffnet ihm, wie er ihr später sagen wird, die Augen für das, was er vorher in seiner Scheinwelt ignorieren konnte. Er erkennt, dass er und sein Status als Held und Idol, lediglich für die Propaganda der Militärführung missbraucht werden, und dass er derjenige ist, der durch seine Entscheidungen andere ins Verderben stürzt. Das Grauen des Krieges, das Leid und der Tod kommen immer näher an ihn heran, auch als immer mehr von denen umkommen, die ihm nahestehen. Doch bei allem, was Käte ihm zu verstehen half – der Krieg und sein Traum brachten ihn doch im Alter von 25 Jahren um.

Der Film ist schön. Doch leider etwas zwiespältig.
Denn vor allem hinterlässt er einen schalen Beigeschmack der Kriegsglorifizierung; gerade im ersten Teil ist dies deutlich zu spüren, wenn es vor Realitätsferne nur so kracht. Herausgeputzte junge Männer in Rollkragenpullis, Lederjacken und mit Ringelschals, die zu ihren Flugzeugen laufen, in den blauen Himmel fliegen, einander zuwinken, und sich des Lebens freuen. Sommer, Sonne, Freundschaft. Mahlzeiten an langen Tafeln mit weißem Tischtuch und silbernem Kerzenleuchter. Stets saubere Uniformen. Abends Feste mit hübschen Mädchen, Alkohol in Strömen.
Gott, ist das Leben schön.
Man vergisst völlig, dass die Jungs sich im Krieg befinden.
Das ist in dieser Darstellung zwar alles schön fürs Auge, und die Stylisten hatten wirklich Ahnung davon, was modern ist. Aber der Geschichte ist es leider absolut nicht dienlich.

Später relativiert sich dieser Eindruck glücklicherweise etwas. Mir gefällt jedoch die Einstellung nicht ganz, die hier vermittelt wird. Von Richthofen wird als sehr naiv dargestellt, als jemand, der nicht wusste, was er tat, worauf er sich hier einließ. Man neigt leicht dazu, derartiges Verhalten zu entschuldigen – “der wusste ja gar nichts von den bösen Absichten”, “der konnte ja nichts dafür”. Doch er hing genauso in dem ganzen sinnlosen Gehabe wie alle anderen auch. Nur nahm er es nicht so wahr. Wenn also der Schrecken des Krieges deutlicher wird, gewinnt die Geschichte auch an Gewicht und an Sinn. Treffen dann verschiedene Einstellungen zum Thema Patriotismus und Pazifismus aufeinander, beginnt es zu krachen. Und diese Reibung macht etwas aus der Story.

Und – ja, das ist schon auch ein Frauenfilm. Mal abgesehen davon, dass Til Schweiger und Joseph Fiennes mitspielen – Matthias Schweighöfer als Manfred von Richthofen ist zweifellos auf dem Weg nach oben. Schauspielerisch hinterlässt er noch keinen allzu bleibenden Eindruck, dafür passt der Typ des ewigen Jungen zu sehr zu ihm als “echter” Person. Ich glaube aber, dass wir noch viel von ihm hören werden, nebenbei ist er immerhin auch noch sehr sympathisch.

Ach ja, und am Rande – er sieht halt schon gut aus. …

Und könnte man online richtig grinsen, ich täte es jetzt.

Der gewünschten internationalen Vermarktbarkeit muss man zusätzlich gerecht werden – und dementsprechend bemüht sich der Film auch spürbar, diesem Anspruch zu genügen, was ihn teilweise recht verkrampft wirken lässt.
Der Film stimmt nur in sehr groben Teilen mit von Richthofens Biographie überein, eine Tatsache, die in vielen Kritiken zu diesem Film bemängelt wurde. Andererseits ist auch eines zu berücksichtigen: Das ist Kino. Es ist keine historische Aufarbeitung à la “90 Minuten gähn”. Es mag Publikum geben, das derartige Dokumentationen sehr spannend findet, ich gehöre da auch dazu.
Aber: Wenn ich ins Kino gehe, möchte ich abschalten. Etwas sehen, bei dem ich entspannen kann, das mich zum Lachen, Weinen, Nachdenken bringt. Das ist Kino. Und deshalb darf Kino auch Mythen transportieren, unrealistisch sein (siehe auch die Kritik zum Film “Abgedreht” (-> Link), und einfach nur kopflos Spaß machen.

Wenn ich puren Realismus will, kann ich mir immer noch die Encyclopaedia Britannica, Brockhaus und Duden auf CD-Rom anschauen. Oder die richtige Biographie von Richthofens lesen – zum Beispiel hier (-> Link).

Fazit: *****
Resumée: Schwarzwälder Kirschtorte – nett anzuschauen, muss man aber nicht gegessen haben.

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