Eines Tages, es war an einem der ersten lauen Frühlingstage Ende Februar, ging ich die Treppen zu meiner Wohnung hoch und er war einfach da. Er stand vor der Türe, mit einem Koffer und einem alten Strohhut in der Hand, nickte mir freundlich zu und ging mit in die Wohnung, ohne ein Wort zu sagen.… Continue reading Der Mann ist weg
Tag: kurzgeschichten
Bruchrechnung
. Die Pizza auf dem Teller ist kalt und der Tisch noch warm, als der Kellner die Reste wegräumt. Ein Viertel hat sie in kleine Stücke zerteilt, zwischen den Bissen lief ein Gespräch zwischen zwei Tellern und zwischen vier Füßen um eine Tischplatte herum. Drei Viertel der Pizza sind noch übrig. Drei von vier, das… Continue reading Bruchrechnung
Was war / was ist / was kommt
Was war / war wahr, was wahr schien, war gelogen. Was wahr war, waren die Dinge da draußen, der Fluss, die Wiesen, die Häuser, die Straßen, die Bäume, das Wetter, dazwischen malten deine Bewegungen in ausgewaschenen Jeans eine Unwahrheit auf alle Moleküle. Was war, war dein Jahr ohne Jahreszeiten, deine Tage wie Funktionsmöbel, dein Körper… Continue reading Was war / was ist / was kommt
Rehe
. Ich zünde noch ein Streichholz an, denn ich will sehn, wie es verbrennt, ich will die Straße runtergehn und dann nur einmal noch so tun, als wüsste ich, wie alles geht. Als könnte ich lachen, an den richtigen Stellen, als könnte ich fragen, nach den wichtigen Sachen, als wüsste ich die Antworten auf die… Continue reading Rehe
Was Morgen ist
. 01 Uhr 45. Ich sitze auf einem Barhocker, einen meiner Füße auf dem Boden, den anderen in der Luft, und drehe ein Weinglas zwischen meinen Händen. Am anderen Ende der Bar sitzt ein Endzwanziger Anfangdreißiger, sein einziges Interesse gilt den Erdnüssen vor ihm auf der Theke und in seinen Mundwinkeln kleben Nusskrümel. Am kleinsten… Continue reading Was Morgen ist
Erledigungen vor dem Untergang der Welt
. Dies ist ein ganz gewöhnlicher Freitagabend nach einer ganz gewöhnlichen Woche, und zwischen Tagewerken und Nachtschwärmen müssen Zeit und Magen mit etwas Sinnvollem angefüllt werden. Was könnte da schöner sein als die Besichtigung eines Mikrokosmos, eines Paralleluniversums voller Metaphern, reich Verbindungen zum wahren Leben. Also gehe ich in den Supermarkt. Hinein geht es durch… Continue reading Erledigungen vor dem Untergang der Welt
Du mit Hund, ich mit Gitarre
Die Straßenbahnlinie 21, weit im Osten der Stadt: 41 Stationen, 16,5 Kilometer, 51 Minuten. Vom Sterndamm bis zur Gudrunstraße. Sie saß mit ihrem Hund vor der Tür, als er einstieg. Auf dem Rücken trug er eine Gitarre, eine Tasche auf der Schulter. Sie sahen sich kurz an, lächelten. Das schreibt er nun im Internet. Die… Continue reading Du mit Hund, ich mit Gitarre
Placebo.
Diese Nacht beginnt, als sie um Mitternacht einen endlosen Kuss will, während die letzte Kaffeebohne zu Boden fällt. Sie sitzt in ihrer kleinen Küche vor einer leeren Tasse und einem Teller voller Kuchenkrümel. Mit den Fingern schiebt sie die Reste hin und her. Sie kann in der warmen Wohnung bleiben, dann fehlt ihr Kaffee zum… Continue reading Placebo.
Helden wie wir
Es ist eiskalt draußen, es regnet, die Luft im Raum ist schwer. Die letzte Milchflasche steht leer auf dem Boden neben dem Bett. Als wir erwachen, blinzeln wir ins Licht. Der Morgen danach ist zu hell für unsere Augen. Wenn wir die Augen beim Küssen schließen, wie sollten wir dann Morgenlicht ertragen können? Wir sind träge,… Continue reading Helden wie wir
Überall, wo ich mich hinsetze, liegt Taubendreck oder fünf Prozent Wahrheit
Ich schiebe mich ins Halbdunkel der Buchhandlung. Alle, die hier am Eingang warten, sehen gleich aus. Die selben schwarzen Sonnenbrillen, die selben Shirts, die selben kurzen Hosen. Die selben Stoppeln auf den Beinen. Ich sehe gar nicht erst in ihre Gesichter. Ich betrachte die Haut in ihren Armkehlen. Ein Regal sieht mich hilflos an und… Continue reading Überall, wo ich mich hinsetze, liegt Taubendreck oder fünf Prozent Wahrheit