Was war / was ist / was kommt

Was war / war wahr, was wahr schien, war gelogen. Was wahr war, waren die Dinge da draußen, der Fluss, die Wiesen, die Häuser, die Straßen, die Bäume, das Wetter, dazwischen malten deine Bewegungen in ausgewaschenen Jeans eine Unwahrheit auf alle Moleküle. Was war, war dein Jahr ohne Jahreszeiten, deine Tage wie Funktionsmöbel, dein Körper… Continue reading Was war / was ist / was kommt

Friedrichstraße 145

Ein neues Kapitel, ein Brennen in den Augen, ein neuer Schmerz. Seit Stunden sitze ich auf diesem Stuhl aus Metall, eine Ausgeburt der Sitzmöbelhölle, es war kein anderer Platz mehr frei, als ich hier ankam, um in einem Buch zu ertrinken, nun sitze ich hier und mein Rücken dankt es mir. Ich rücke näher an… Continue reading Friedrichstraße 145

Rehe

. Ich zünde noch ein Streichholz an, denn ich will sehn, wie es verbrennt, ich will die Straße runtergehn und dann nur einmal noch so tun, als wüsste ich, wie alles geht. Als könnte ich lachen, an den richtigen Stellen, als könnte ich fragen, nach den wichtigen Sachen, als wüsste ich die Antworten auf die… Continue reading Rehe

Was Morgen ist

. 01 Uhr 45. Ich sitze auf einem Barhocker, einen meiner Füße auf dem Boden, den anderen in der Luft, und drehe ein Weinglas zwischen meinen Händen. Am anderen Ende der Bar sitzt ein Endzwanziger Anfangdreißiger, sein einziges Interesse gilt den Erdnüssen vor ihm auf der Theke und in seinen Mundwinkeln kleben Nusskrümel. Am kleinsten… Continue reading Was Morgen ist

Ansichtssachen

Sie sieht die Bilder von vor zwei Jahren. Von dem Park, wo sie sich das erste Mal küssten. Von einer Spiegelung in einem Zugfenster, Gnocchi und einer gusseisernen Pfanne. Sie blättert weiter zu Kuchen, dann Bilder von einem Bahnhof und einem Besuch im Zoo. Eine Schlange, die sich häutet, Fische hinter dicken Glasscheiben und Kamele,… Continue reading Ansichtssachen

Ein Sonntagsmärchen

Ihr Name war Yukiko. An einem einundzwanzigsten Dezember feierte sie ihren achtzehnten Geburtstag. Yukiko war immer ein großes und starkes Mädchen gewesen. Sie pustete die Kerzen auf der Schokoladentorte aus und ging in ihr Zimmer. Dort öffnete sie das Fenster und sah hinaus. Es war noch dunkel an jenem Morgen, eine einsame Straßenlaterne erleuchtete die… Continue reading Ein Sonntagsmärchen

Wasser

(See, um 1999) Seit ihrer Kindheit war sie fest überzeugt, wasserlöslich zu sein. Sie wartete nur darauf, eines Tages ohne Schirm und Cape im Regen zu stehen. Sie würde auf der Straße neben dem Gehweg stehen und zusehen, wie sie sich langsam auflöst. Wie ihre Kleidung verschwimmt, ihre Haare, ihre Hände weggewaschen werden und ihre… Continue reading Wasser

Placebo.

Diese Nacht beginnt, als sie um Mitternacht einen endlosen Kuss will, während die letzte Kaffeebohne zu Boden fällt. Sie sitzt in ihrer kleinen Küche vor einer leeren Tasse und einem Teller voller Kuchenkrümel. Mit den Fingern schiebt sie die Reste hin und her. Sie kann in der warmen Wohnung bleiben, dann fehlt ihr Kaffee zum… Continue reading Placebo.

Helden wie wir

Es ist eiskalt draußen, es regnet, die Luft im Raum ist schwer. Die letzte Milchflasche steht leer auf dem Boden neben dem Bett. Als wir erwachen, blinzeln wir ins Licht. Der Morgen danach ist zu hell für unsere Augen. Wenn wir die Augen beim Küssen schließen, wie sollten wir dann Morgenlicht ertragen können? Wir sind träge,… Continue reading Helden wie wir