Was war / was ist / was kommt

Was war /

war wahr, was wahr schien, war gelogen. Was wahr war, waren die Dinge da draußen, der Fluss, die Wiesen, die Häuser, die Straßen, die Bäume, das Wetter, dazwischen malten deine Bewegungen in ausgewaschenen Jeans eine Unwahrheit auf alle Moleküle. Was war, war dein Jahr ohne Jahreszeiten, deine Tage wie Funktionsmöbel, dein Körper ein Perpetuum mobile, deine Worte ein Energieerhaltungssatz, deine Stadt wie ausgelatschte Sneakers, die dir zu groß geworden waren. Was war, war das Rascheln eines Zettels mit einer Telefonnummer in deinem alten Wintermantel, eine Motte in einer Mehlpackung, eine nackte Glühbirne an deiner Zimmerdecke, und unter der Decke eine Wohnung, aber kein Zuhause. Was wahr war, war eine Platte, die die schönste Stelle in deinem Lied zu einer Unendlichkeit werden ließ.

Was ist /

schon dabei, wenn ich noch bleibe, sagst du und bleibst einfach. Alles, was noch ist, bist du. Und dann liegst du so nah bei mir, dass ich ein Herz klopfen höre, ist es deins, ist es meins, ich weiß es nicht, ich will es nicht wissen. Im Winter ist das alles so einfach, da kann einem kalt sein und man muss einfach ein wenig näher zusammenrücken, damit niemand friert. Im Sommer kann einem nicht so einfach kalt sein und man kann nicht einfach der Wärme wegen näher zusammenrücken. Im Sommer muss man andere Gründe haben, doch Gründe sind tief und Gründe sind schwarz, und wir können kein Grund sein, weil wir kein Teich sind. Du bist am Kommen, du bist am Gehen, du bist am Bleiben, du bist am Sehen, und wenn ich dir Geschichten erzähle, dann in deiner Verlaufsform. Was ist, sind diese Geschichten, mit denen ich dich manchmal zudecke, wenn die Nächte noch kalt sind. Ich umwebe dich mit einer Gegenwart aus dem, was ist. Erzähle dir Geschichten mit einer ersten Person Singular, einer zweiten Person Singular, und einem Ende mit einer ersten Person Plural, es sind Geschichten mit drei Personen, die nur zwei sind. Wenn ich viel erzählt habe, schläfst du manchmal ein und ich bleibe wach, nur um dich morgens aufwachen zu sehen. Was dann noch ist, ist Präsens, was nicht ist, ist Konjunktiv, das ist ein Leben an einer Sprache erklärt, wir kennen kein Futur, doch wenn wir nur wollen, werden wir sehen,

Was kommt /

ist die Zeit der Lachse. Durch alle Gezeiten, durch alle Gewässer werden wir wandern. Wir werden gehen, und wir werden nichts sehen, wir werden nichts hören, und weil da niemand sein wird, der nur ein Wort sagt, werden wir nichts zerreden. Aber wissen werden wir. Wir werden wissen, wann wir angekommen sind. Weil das der Ort ist, an dem wir sein können. Weil das der Ort ist, an dem wir wieder atmen können. Weil atmen wichtig ist.

Was kommt, ist die Zeit der Wanderfische.

By L.

I walk fast.

2 comments

  1. wie immer toll. Und Wandern ist wichtig. Vorwärts kommen und neue Orte sehen. Auch wenn die Reise blind und taub von Statten geht.

Leave a comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *