Braucht das Leben eine Gebrauchsanweisung? Eine Kritik zu "Anleitung zum Männlichsein" von Andreas und Stephan Lebert.

Die letzten 3 Stunden habe ich damit verbracht, “Anleitung zum Männlichsein” von Andreas & Stephan Lebert zu lesen Nun gut…
Das Buch an sich ist widersprüchlich. Die beiden lassen sich einen Absatz lang darüber aus, dass die Weltherrschaft, inclusive der Herrschaft über die Kultur, den Frauen gehöre (Ausnahmen bestätigen….), dass es ohne sie (uns!) ohnehin keine Bücher mehr gäbe. Why the hell dann überhaupt ein Buch übers Mann-Sein für Männer, wenn die doch ohnehin nicht lesen??? Soviel jedenfalls vorab.

Es gibt einiges, was mich an diesem Buch aufs Heftigste stört. Natürlich, ich kann nachvollziehen, dass Männer irgendwo ständig an einem Konflikt nagen. Cowboy will niemand mehr sehen, die Ritter sind auch ausgestorben und der Dackelblick bringt häufig nur noch militante Tierschützer/-heimbesitzer aus der Fassung. Daddy, toller Manager, Super-Liebhaber und male top model of the year gleichzeitig kriegt nunmal kein Kerl gleichzeitig hin – das dürfte im Normalfall schon an der fehlenden Multitaskingfähigkeit scheitern. Ok.
Nur: Wer hat diesen Anspruch eigentlich? Die immerbösen Frauen? Die sich seit 30 Jahren in (der bisher meist von männlicher Seite belächelten) Identitätssuche und -krise befinden, einer nach der anderen – von braver Hausfrau über Twiggy, Lolita, Girlie, Eleganz in Person bis hin zu Vamp. Die Lebert-Brüder beschweren sich, die Frauen seien den Männern ja auch nie eine Hilfe bei der Identitätsfindung. Hmmh… half, hilft den Frauen denn jemand?

Sehen die Erwartungen an Frauen tatsächlich so anders aus? Auch wenn sie die Welt anscheinend quasi schon regieren (man sieht nur nichts davon, so die These – wir regieren im Unsichtbaren) – es ist nicht einfacher als bei den Herrn der Schöpfung. Ja, ich will auch einmal gute Mutter, Ehefrau eines tollen Kerls und seine Geliebte, gute Köchin und Putzfrau, Hausfrau eben, aber auch eine vorbildliche Geschäftsfrau, die ihren Job drauf hat, sein. Ja, ich habe diese breit gefächerten Erwartungen auch an mich selbst. Weil ich das so will. Ok – aber auch ein Stück weit wird dann von mir auch erwartet, dass ich das gemanagt kriege. Denn Männer sollen zwar Softies sein, aber keine Schwäche zeigen. Frauen jedoch sollen emotional sein, ohne sich hängen zu lassen, und organisieren, ohne zwischen Schnullern, Kochtöpfen, Wäsche, Schreibtisch, PC, Kindergarten und Mann den Überblick zu verlieren und schlimmstenfalls zu verwechseln (man stelle sich den Kerl am Schreibtisch der Frau mit Schnuller im Mund vor….!) – und dabei natürlich möglichst attraktiv, begehrenswert und leidenschaftlich bleiben.

Nur: Männern (und ohnehin nur dem, vermutlich verschwindend geringen, lesenden Teil) fällt anscheinend erst jetzt auf, dass solche Ansprüche nicht nur für Frauen existieren. Und dass auch für sie einmal der Tag kommt, ob mit 20 oder 50, an dem sie sich endlich Gedanken machen sollten, wo sie in ihrem Leben hin wollen. Was sie erreichen wollen. Nur wer weiß, dass er ein Haus bauen und einen Baum pflanzen will, kann das richtige Werkzeug kaufen. Und dann wissen sie, wer sie sein sollten, um das zu bekommen, was sie wollen.

Die Emanzipation ist der gerechte Lohn für die verweichlichte Männerschaft“, hat eine Gruppe von Medizinern einmal gesungen.

Die Hauptthesen bzw. den Weg zum Mann-Sein, zu laufen über 19 Stufen, werde ich jetzt nicht breittreten (boah, Wortspiel!), die schönsten habe ich mir aber mal herausgepickt:
#1: Männliches Schweigen zum richtigen Zeitpunkt ist eine hohe Kunst. (Anm. d. Aut.: !!!!); #18: Stellen Sie sich viel öfter eine einzige Frage: Wie weit würdest du dafür gehen? Ein Rindvieh, das läuft, kommt jedenfalls weiter als drei Philosophen, die diskutieren. #19: Die Welt ist größer als man selbst.

Hey, aber eigentlich ist es doch völlig egal, welche Art von Mann ihr nun wirklich seid. Seid ihr selbst, wenn ihr wenigstens einen Teil von euch schon gefunden habt. Seid keine Idioten und so mehr-als-nur-nett, dass man euch nicht vergisst. Dann seid ihr genau so, wie ihr sein solltet – um euch in eurer Haut wohlzufühlen. 

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